The Runaways
„Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der Mädchen gesagt wurde, sie könnten keinen Rock'n'Roll spielen.“ – Joan Jett
Und sie hatte nichts Besseres zu tun, als allen das Gegenteil zu beweisen.
1977 wurde der Frauentag von den Vereinten Nationen zum Weltfrauentag erklärt. Daher machten wir uns auf die Suche nach einem Album aus dem gleichen Jahr, dessen Rezension diesen Anlass gebührend würdigen kann. Keine leichte Aufgabe, denn in den späten 70er Jahren wimmelte es nur so von charismatischen Musikerinnen. Von der legendären Patti Smith über Debbie Harry von Blondie bis hin zur Punk-Ikone Siouxsie Sioux – die Liste ist endlos. Ob etwas in der Luft lag? Fakt ist, der Erfolgskurs dieser Frauen führte zu einer Art musikalische Revolution. Aber was machte ausgerechnet 1977 zum Wendepunkt? Die simple und (laute) Antwort darauf lautet: The Runaways und ihr zweites Album „Queens of Noise“.
The Runaways waren dank ihres gleichnamigen Debütalbums und dem Riesenhit „Cherry Bomb“ schnell in aller Munde. Und dennoch bezeichneten die meisten die reine Frauenband als Eintagsfliege, Trend – ja, sogar als Stern, der so schnell verglühen würde, wie er am Firmament der männerdominierten Rockmusik aufgetaucht war. Rückblickend wissen wir es nun besser – und feiern „Queens of Noise“ gerade, weil es alle zum Schweigen gebracht hat. Das Album übertrifft das Debüt qualitativ und setzt zudem in Sachen Energie noch einen drauf. Es wehrt sich vehement gegen die Annahme, dass hübsche Mädchen nur hübsche Musik machen können. Und es dokumentiert einen entscheidenden Moment für die Frauenband – nämlich den Moment, in dem sie versuchten, sich vom übermächtigen Produzenten und Talentsucher zu lösen und unabhängig zu sein.
The Runaways waren von Anfang an ein Pulverfass. Und auch mit der Zeit wurde das nicht besser. Zum einen eskalierte der Konflikt zwischen Cherie Currie und Joan Jett immer mehr. Zum anderen schlugen die Mitglieder plötzlich unterschiedliche stilistische Richtungen ein – von Glam über Rock bis hin zu Punk und sogar Metal. Nur eins vereinte sie immer wieder: die wachsende Unzufriedenheit darüber, als „heiße Ware“ abgestempelt zu werden – als Fantasie für das männliche Publikum statt einer echten Band mit eigener Vision. Und das führte schließlich zum Clinch mit dem Produzenten Kim Fowley, der sie zwar entdeckt und zusammengecastet, aber wohl keine Widerworte von ihnen erwartet hatte.
Man fragt sich, wie in einem so turbulenten Umfeld überhaupt gute Ergebnisse entstehen konnten. Und doch sind auf diesem Album musikalische Höhepunkte wie „Heart Beat“ (gesungen von Cherie) und „Love Playin' With Fire“ (100% Joan) zu finden. Wem eine Kostprobe des Könnens (und der Theatralik!) gefällig ist, braucht sich nur die Live-Version des Titeltracks ansehen – inklusive eines ekstatischen, japanischen Publikums.
Die Runaways haben Kultstatus. Und das nicht erst seit dem hochgelobten Film mit Kristen Stewart und Dakota Fanning im Jahr 2010. Und trotzdem mussten sie sich während ihrer gesamten Karriere und auch zur Zeit von „Queens of Noise“ Kritik gefallen lassen. Oft wurde beispielsweise die Produktion des Albums bemängelt, deren Qualität darauf schließen lässt, dass das Label die Runaways eher als sexy Gimmick verstand und nicht als seriöse Band. Und auch das Können der Band-Mitglieder wurde häufig abgemahnt – dabei waren die Mädchen bei der Gründung der Band noch minderjährig und auch bei dem Vertragsabschluss mit Mercury Records sowie der anschließenden Welttournee kaum 18 Jahre alt.
Bei aller Kritik waren die Runaways aber trotzdem eine der ersten weiblichen Rockbands und eroberten somit erfolgreich ein Territorium, das bis dahin für Frauen tabu gewesen war. So ebneten sie den Weg für Tausende von jungen Mädchen und lebten allen vor, dass es ok ist, wenn man Emotionen zeigt und für das eigene Glück kämpft. Wir bei Penta stimmen dem voll und ganz zu und finden, dass das auf jeden Fall gefeiert werden sollte.